Spiele in Kaiserslautern sind für FC-Fans ein wenig wie die Light-Variante von Spielen in Mönchengladbach. Das Verhältnis der Fans zueinander ist ganz ähnlich, das was die Einheimischen als Stadt bezeichnen erweckt beim geneigten FC-Fan eher Erinnerungen an den letzten Bauernhof Aufenthalt und der FC präsentiert sich gegen beide Vereine nur äußerst selten in einer akzeptablen Form. Somit gehören die Fahrten zum Betzenberg nicht gerade zu dem Schönsten, was man sich als Fan des glorreichen 1. FC Köln vorstellen kann. Erst recht, weil die Spiele in den vergangenen Jahren häufig im Winter stattfanden und im Gästeblock nicht gerade Erinnerungen an den Sommerurlaub aufkamen.
Immerhin, das war dieses Jahr besser.
Nach standesgemäßer Anreise im Mercedes konnte auf dem Park and Ride Parklplatz Kaiserslautern Ost erster Kontakt zu Einheimischen hergestellt werden. Im Vorfeld mit allen möglichen Impfungen ausgestattet bewegten wir uns mutig durch die Reihen und fuhren schließlich eine gefühlte Ewigkeit mit dem bereitsgestellten Bus zum Stadion. Auch so eine Parallele zu Gladbach.
Im Stadion angekommen und nach wenig intensiven Kontrollen die Fahne mit Klebeband befestigt folgte das erste Highlight des Abends. Wie so vieles scheint es auch eine ganze eigene Tradition der Auswärtsspiele in Kaiserslautern zu sein, dass sich Jugendliche im Alter zwischen 13 und 17 Jahren auf dem Weg zum Spiel ihrem scheinbar ersten Vollrausch hingeben und sich spätestens im Stadion der Körper dafür herzlich bedankt. So war auch in diesem Fall der junge Mann schweißgebadet auf den Hosenboden der Tatsachen geholt worden und alles gute Zureden des Freundes nutzte nichts. So machte er sich erst auf den Weg zum WC als es bereits zu spät war und sich ein kleines Loch im Gästeblock auftat, rund um die Hinterlassenschaften des Nachwuchsanhängers, der das restliche Spiel auch nicht mehr gesichtet wurde.
Das Spiel selber war geprägt von zwei Mannschaften die versuchten über den Kampfs ins Spiel zu finden und es auch beim Versuch beließen. Die Stimmung war in der ersten halben Stunde von der Tatsache geprägt, dass die größte Kölner Ultragruppe offensichtlich längere Diskussionen mit den Einsatzkräften der Bundespolizei über die unterschiedliche Auffassung der Ästhetik von deutschen Raststätten führen musste. Als aber schließlich alle Fans das Stadion erreicht hatten konnte sich der Gästeblock mehrfach lautstark Gehör verschaffen.
Kurz darauf folgte das zweite Highlight des Tages. Ebenso wie es Tradition zu sein scheint, dass sich Nachwuchsanhänger ordentlich die Kante geben auf dem Weg in „Die Region“ scheint es für ein bestimmtes Klientel innerhalb der Anhängerschaft des 1. FC Köln, das ansonsten bevorzugt auf dem Oberrang der Nordtribüne anzutreffen ist, eine verlockende Fahrt zu sein um sich ein wenig an die Zeiten der 1980er und 1990er Jahre zu erinnern. Und wie sich das gehört für dieses Klientel muss man selbstverständlich stets betonen, was für ein unglaublich harter Kerl man ist, der sich von Niemandem etwas vorschreiben lässt. Und da man ja im Block weder Böhse Onkelz noch Frei.Wild so richtig gut hören kann um zu unterstreichen dass man ein echter Mann von der Straße ist zieht man sich halt gerne mal Thor Steinar Klamotten an.
Selbstverständlich gehört es auch zum Habitus dieser Personen es nicht zu verstehen wenn auf die Provokation reagiert wird und der entsprechenden Person von anderen Fans des 1. FC Köln deutlich zu verstehen gegeben wird, dass Nazi-Klamotten im Block nicht gern gesehen werden. Es folgte der übliche Dialog in solchen Fällen inklusive der Beteuerung kein Nazi zu sein und die Kleidung nur zu tragen, weil sie so gut passen würde. Eine Selbstreflexion des Trägers ist leider nicht zu erwarten.
Währenddessen versuchte Ujah immer noch vor einem der Lauterer Spieler an eine der halbhohen Flanken in den Strafraum zu gelangen und scheiterte. Das Spiel endete folgerichtig 0:0 und es folgte das dritte Highlight des Spieltages. Denn der Pfälzer an sich scheint daran gewöhnt zu sein, nicht mit allzu vielen Menschen in Kontakt zu geraten. So sorgten die gut 40,000 Zuschauer nicht nur für ein mittleres Verkehrschaos in das was der Pfälzer Stadt nennt, sondern schien auch bei den Fans des FCK für Unbehagen zu sorgen. So waren sich zwei junge Männer einig, dass ein Verbleib in der zweiten Bundesliga gar nicht mal so schlecht sei, schließlich würden im Oberhaus ja regelmäßig fast 50,000 Zuschauer kommen und das wäre nun wirklich der Menschenmassen ein wenig zuviel. Ich wollte ihnen gerne gut zureden, aber leider war es mir nicht möglich, adäquat mit den Einheimischen zu kommunizieren. So musste es bei der stillen Zustimmung bleiben.
Der Rückweg war bis auf einen unüberholbaren Schwertransporter, hinter dem sich eine breite Kolonne mit Kölner Fahrzeugen bildete, ereignisloser als das zuvor gesehen Bundesligaspiel. Dennoch war man zufrieden, denn es war eindeutig einer der besseren Ausflüge nach Kaiserslautern gewesen. Weder hatte man verloren, noch war man dem Kältetod nahe gekommen. Mehr kann man von einem Ausflug in die Region nun wirklich nicht verlangen und so fuhren wir entspannt am Nürburgring vorbei und fragten uns still und heimlich, wie sich der FCK die Stadionmiete eigentlich leisten kann.