[#effzeh] Glück erzwingen mit von Berlichingen

Sascha Bigalke und Anthony Ujah – der #effzeh angelte sich am Ende des Transferfensters zwei spannende Neuzugänge. @koelnsued nutzte die Gelegenheit, sich nicht nur das Duo beim Training genauer anzuschauen. 

#effzeh-Trainer Holger Stanislawski ließ es sich nicht nehmen, seine Rumpftruppe ein wenig schwitzen zu sehen

#effzeh-Trainer Holger Stanislawski ließ es sich nicht nehmen, seine Rumpftruppe ein wenig schwitzen zu sehen

Das Personal: Arg dezimiert präsentierte sich trotz der zwei Neuzugänge der #effzeh-Kader. Angesichts der Länderspielpause fehlten Maroh, Brecko (Slowenien), McKenna (Kanada), Wimmer (Österreich U21), Ishak (Schweden U21), Przybylko (Polen U20), Schnellhardt (Deutschland U18? Oder #effzeh-U21?) und Schuhen (Training bei der U21?). Lehmann musste weiterhin verletzt pausieren. Somit waren insgesamt nur 12 Feldspieler und drei Torhüter (Horn, Kessler, Schwabke) anwesend.

Das Training: Nach anscheinend leichter Aufwärmphase, die der Verfasser dieser Zeilen durch einen allzu störrischen Drahtesel verpasste, ging es direkt in den Hauptteil der Einheit. Die Mannschaft wurde in zwei Teams á 6 Feldspielern eingeteilt, die auf einem deutlich verkleinerten Spielfeld von ca. 30×20 Metern gegeneinander antreten musste. Das „bunte“ Team ohne Leibchen bestand aus Mato Jajalo, Christian Eichner, Daniel Royer, Tobias Strobl, Thomas Bröker und Neuzugang Anthony Ujah. Sie spielten gegen die „Grünen“, die sich aus Jonas Hector, Adam Matuschyk, Adil Chihi, Christian Clemens, Sascha Bigalke und Chong Tese zusammensetzten.

10-15 Minuten sollten beide Teams in einem freien Spiel, sprich ohne Begrenzung der Ballkontakte, gegeneinander Dampf geben. Auffällig war die sich auch innerhalb der Mannschaft zunehmend größer werdende Kommunikation untereinander – die Spieler sprechen miteinander, weisen die Gegenspieler zu, sind aktiv und versuchen ihre Kollegen dadurch zu unterstützen. Voran ging dabei, wie so häufig, Christian Eichner, der allerdings mitunter vor lauter Sprechen vergaß, seine eigenen Aktionen konzentriert durchzuführen. Es scheint aber Stanislawskis äußerst kommunikative Art auf die Mannschaft abzufärben, was mich persönlich freut. Nichts hilft einen Fußballer auf dem Platz so sehr wie ein Mitspieler, der durch kurze Anweisungen korrigierend eingreifen kann.

Nach Verletzung ist auch Adam Matuschyk wieder an Bord und trainierte richtig stark. Im Hintergrund in Grün: Neuzugang Sascha Bigalke.

Nach Verletzung ist auch Adam Matuschyk wieder an Bord und trainierte richtig stark. Im Hintergrund in Grün: Neuzugang Sascha Bigalke.

Zwei weitere Dinge, die weiterhin ins Auge stachen: Leider, und das wird uns noch weiterhin verfolgen, ist die Chancenverwertung der Mannschaft katastrophal. Teilweise wurden die einfachsten Dinger vergeben. Insbesondere Clemens scheint hierbei derzeit das Pech an den Fußballschuhen zu kleben, was auch Stanislawski auffiel, der den schon verzweifelten Spielern mit den Worten „Chrille, weiter, immer weiter, immer weiter“ zum Weitermachen animieren wollte. Auch Royer verzog nach wunderbarem Solo durch drei Gegenspieler vor Horn kläglichst und kommentierte dies mit Götz von Berlichingen-Imitation im besten Ösi-Schmäh. Neben der bekannten Abschlussschwäche offenbarten sich auch einige taktische Mängel, sowohl im Mannschaftsverbund als auch individuell. Durch viele Positionswechsel und Rochaden ließ sich besonders das „bunte“ Team leicht aus dem Defensivkonzept bringen. Es ist jedoch klar, dass es bei einem solchen zusammengewürfelten 6gg6 schwer ist, Automatismen greifen zu lassen. Dennoch muss das Team aus meiner Sicht dahin kommen, dass auch in solchen Situationen jeder weiß, wohin er sich bewegen muss, wie er den Gegenspieler anzulaufen hat und in welcher Ordnung verteidigt werden soll.

Nach der ersten Runde des Duells wurden die Spieler zum Trinken geschickt – währenddessen wurde auf dem Platz eine Art Zirkel-Parcours aufgebaut, den ein Team vor sich hatte (das andere hatte die Ehre, unter den Augen Stanislawskis eine Art Sprintstaffel zu absolvieren). Ich versuche mich an einer Beschreibung: Gestartet wurde in der hinteren Ecke Richtung Weiher, der jeweilige Spieler passte sich den Ball ein paar Meter nach vorne und sprintete hinterher, um den Ball in gemäßigtem Tempo zu fünf Hürden zu führen. An diesen zu absolvierenden Hindernissen wurde die Kugel vorbeigespielt, um sie nach den Hürden im Sprint wieder zu erreichen. Nach ein paar lockeren Schritten sollte ein kurzes Anspiel auf Trulsen folgen, der den Ball Richtung Außenlinie passte und damit wieder für Tempo sorgte. Es folgte eine Flanke auf die in der Mitte stehenden Mitspieler und ein Sprint Richtung Strafraumkante. Der Spieler, der den Abschluss gesucht hat, sollte direkt zur anderen Außenlinie sprinten, wo er von Timo Horn per Abwurf bedient wurde. Auf der anderen Seite folgte dann ein Tempodribbling mit Ball durch Stangen und ein Torabschluss nach Doppelpass mit KP Nemet. Verständlich?

Neuzugang Anthony Ujah (aus Mainz ausgeliehen) deutete seine Qualitäten im Training bereits an

Neuzugang Anthony Ujah (aus Mainz ausgeliehen) deutete seine Qualitäten im Training bereits an

Jedenfalls mussten die Spieler den Parcours zwar mit Tempowechsel, aber eben im Dauerlauf absolvieren, was bei einigen merklich zu einer Tortur wurde. Über die Qualität der Flanken beim „bunten“ Team hülle ich den Mantel des Schweigens. Nach 15-20 Minuten wurden die Teams vom Zirkelparcours erlöst. Es folgte ein erneuter Kick über 10-15 Minuten auf verkleinertem Feld. Stanislawski ermahnte die Mannschaft permanent zu Konzentration und Tempo, auch wenn dies angesichts des Pensums und der Müdigkeit schwer falle. Nach dem Spiel wurde getauscht: „Grün“ absolvierte den Zirkelparcours, „Bunt“ ging sprinten. Zum Abschluss gab es ein weiteres Spiel auf dem verkleinerten Feld.

Die Einzelkritik

Ujah – körperlich 1a in Schuss, versteht sich einzusetzen und Räume zu erarbeiten. Ujah suchte häufig den Abschluss, teilweise einen Schuss zu egoistisch. Dennoch zeigte er aus meiner Sicht, dass er, wenn er ins Spiel eingebunden wird, unsere Problemzone beheben kann. Man sieht aber auch, warum er beim Taktikfreak Tuchel keine Chance bekam: Seine Defensivarbeit ist stark verbesserungswürdig.

Bigalke – trainierte eher unauffällig, aber wirkungsvoll. Lief viel, schaffte damit Räume, traute sich aber selbst noch nicht allzu viel zu. Wirkt zwischen gestandenen Profis wie Bröker oder Jajalo körperlich wie ein B-Jugendlicher. Zeigte aber die gewisse Bissigkeit im Zweikampf, dazu starke erste Schritte und eine gute Ballbehandlung.

Matuschyk – der Mann des Trainings aus meiner Sicht. Ist anscheinend wieder vollständig genesen und präsentierte sich in herausragender Verfassung. Dynamisch, zielstrebig und voller Selbstvertrauen in der Offensive, in der Rückwärtsbewegung taktisch klug und mit Biss. Der Grund, warum sein „grünes“ Team die Spiele größtenteils dominierte. Erstaunlich gute Flanken. Machte mächtig Spaß, ihm zuzuschauen.

Chihi – wie Matuschyk wiedergenesen und für das Spiel gegen St. Pauli eine wichtige Option. War spielfreudig, bereitete einige Tore vor und zeigte, wieso er bei aller Kritik mit seinen Qualitäten für uns ein enorm wichtiger Spieler ist. Dennoch: Auch gestern waren wieder haarsträubende Ballverluste in der Vorwärtsbewegung zu sehen – und das danach bei Chihi leider anscheinend eingebrannte Stehenbleiben. Muss er dran arbeiten – offensiv ist er jetzt schon eine Waffe für uns!

Tese – profitierte im grünen Team von der starken Besetzung mit Matuschyk, Chihi und Hector. Man konnte aber sehen, warum er einst jemand war, der das Tor häufiger getroffen hat. Schirmte die Bälle gut ab, leitete vernünftig weiter und traf am häufigsten von allen. So stark habe ich ihn beim #effzeh noch nie gesehen. Wirkte gelöster als bisher, vielleicht macht er sich nach der Ujah-Verpflichtung weniger Druck.

Royer – der Österreicher offenbarte alles, was die #effzeh-Fans auch schon in den Pflichtspielen sehen konnten: Läuferisch stark, spielerisch ambitioniert, aber leider nicht effektiv genug. Höhepunkt dabei sicherlich die Großchance, die er sich selbst herausarbeitete, aber kläglichst vergab. Bekam einmal eine ordentliche Ansage von Stanislawski, als er seine Defensivarbeit vernachlässigte.

Gemeinsam stark: Die #effzeh-Spieler bauen zusammen das Spielfeld um

Gemeinsam stark: Die #effzeh-Spieler bauen zusammen das Spielfeld um

Strobl – die Personifizierung des Wortes „Solide“. Humorlos in den Zweikämpfen (räumte Tese einmal gewaltig, aber fair ab!), ebenso trocken im Spiel mit Ball. Keiner, der für kreative Impulse sorgt, aber jemand, der seine Arbeit verrichtet. Bei der Flankenqualität kann ich ihn mit beim besten Willen nicht als Außenverteidiger vorstellen – als Innenverteidiger dafür umso mehr.

Jajalo – er will, er zieht dran, er arbeitet wie ein Pferd, er lässt den Kopf nicht mehr hängen wie noch zu Beginn der Vorbereitung, aber: Mato trifft immer noch zahllose falsche Entscheidungen, weil er zu kompliziert und nicht zielstrebig genug spielt. Was er kann, lässt er mitunter aufblitzen – es wirkt, als fehle ihm der letzte Schuss Selbstvertrauen.

Hector – Maschine, mehr ist dazu nicht zu sagen. Körperlich unheimlich präsent. Unermüdlicher Arbeiter mit einer Fehlerlosigkeit, die fast schon beängstigend ist. Kaum zu glauben, dass der Junge in den letzten Jahren nichtmals in der Regionalliga eine herausragende Rolle gespielt hat.

Clemens – Machte den Eindruck, als sei er nach seiner Sprunggelenksverletzung noch nicht bei 100 Prozent. Mit hohem Arbeitspensum, aber glücklos vor dem Tor. Schien daran etwas zu verzweifeln, da die Dinger meistens sehr knapp vorbei gingen. Übertrainiert im Oberkörper, wie in einigen Foren kolportiert, schien er mir nicht zu sein – Kraftpaket eben.

Eichner – Enorm engagiert, sowohl kommunikativ als auch fußballerisch. Er muss permanent am Limit spielen, um auf dem Niveau der Mannschaft zu agieren. Müsste körperlich in der Defensive präsenter sein, dazu mit einigen Defiziten in der Übersicht. Seine Hereingaben waren wie üblich, im Spiel und im Zirkelparcours.

Bröker – Technisch weiterhin nicht der feinste Fußballer, aber enorm fit, enorm präsent und enorm motiviert. Sollte im Abschluss konsequenter werden, was er gestern schon ausprobierte. Mit der Picke klappte es allerdings nicht.

Den drei Torhütern erspare ich eine Einzelbewertung.

Fazit: Die Mannschaft muss weiterhin arbeiten. Sie muss das Glück erzwingen – mit ihrer Fitness, ihrer Motivation und ihrer Moral. Von den individuellen Qualitäten ist Ujah ein guter Griff, der hoffentlich schnell zündet. Bigalke kann ein Baustein sein, unsere Offensive flexibler zu gestalten und auch einmal direkte Duelle in der Nähe des gegnerischen Strafraums für uns zu entscheiden. Auch die Rückkehr der zwei Rekonvaleszenten Matuschyk und Chihi wird dem Team sehr gut tun.

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2 Antworten auf [#effzeh] Glück erzwingen mit von Berlichingen

  1. Sascha Minimalsash sagt:

    Vielen Dank @koelnsued für den tollen Bericht, ich denke ich habe sogar den Zirkelparcour verstanden

  2. Ryan Garn sagt:

    Vielen Dank für den umfassenden Bericht!

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