Die 90 Minuten von Köln Müngersdorf.

Ostermontag, 16:00 Uhr. Ich treffe mich mit Saskia am Rudolfplatz. Wir müssen an die frische Luft. Die Aufregung ist zu groß. Wir entscheiden uns ein Bier zu holen und von dort aus die Aachener Straße bis zum Stadion zu gehen. Google Maps sagt es sind 5 Kilometer. Oder halt 4 Bierlängen.

Am Aachener Gürtel machen wir halt. Wir warten eine halbe Stunde auf Daniela und Flo. Der Kiosk gibt Nachschub. Die Blase drückt. Egal. Wir sind ja bald am Stadtwaldgarten.

18:00 Uhr. Peter ruft an. “Wo seid ihr? Ich stehe schon an der Bierbude.” In meinem Kopf dreht sich die Anstoßzeit von 20:15 Uhr. Ich grinse. Egal.

18:20 Uhr. Wir sind auch da. Immer mehr bekannte Gesichter kommen. Am Ende müssen wir so 30 Mann gewesen sein. Ein schönes Familientreffen. Ne Stunde später gehen wir rein. Es wird voll heute. Egal.

19:48 Uhr. Ich hol noch mal schnell 4 Bier und 1 Cola.

Hymne.

1. Spielminute: Südkurve ist sofort da. STEHT AUF WENN IHR KÖLNER SEID! Ich bekomme eine Gänsehaut.

20. Spielminute: Ein Grinsen geht durch mein Gesicht. Man merkt, heute passiert hier etwas großes.

42. Minute: 0:1. Totenstille. Die ersten zücken ihre Telefone. Wahrscheinlich um dem Chef zu sagen, dass sie morgen doch zur Arbeit kommen.

45. Minute: Halbzeit. Ich drehe mich um und sage, “Das drehen wir noch.” ICH. Der pessimistischste von Allen.

50. Minute: Im Gespräch mit Saskia. “Wenn wir hier den Ausgleich machen, dann drehen die auf. Leider weiß ich nicht wer den mache….” Risse zieht ab. 1:1. Bierduschen, Jubel, Extase.

64. Minute: Im Mittelfeld wird gezaubert. Zinedine Halfar mit der Hacke auf Peszko, der direkt weiter auf Helmes. Helmes fällt. Winkmann pfeift. Elfmeter für den FC. Rot für Bochum. Es ist das gleiche Spiel wie immer. Elfmeter, ich drehe mich um. Kopf weit nach unten, verstecke mich irgendwo unter Daniela. Es dauert ewig bis etwas passiert. Gefühlte 5 Minuten. Ich warte… Plötzlich höre ich ein “NEIN!”, doch dann rasten alle aus. Irgendwer muss den Nachschuss reingemacht haben. Ich komme aus meinem Versteck. 2:1. Riesen Jubel.

65. Minute: DÖP DÖDÖDÖP, DÖP DÖDÖDÖP! 1. BUNDESLIGA WIR SIND WIEDER DA! Es schallt durch das ganze Stadion. Unfassbare Lautstärke. Ich bin etwas ergriffen und wische mir eine Träne aus dem Auge.

70. Minute: DÖP DÖDÖDÖP, DÖP DÖDÖDÖP! 1. BUNDESLIGA WIR SIND WIEDER DA!

73: Minute: DÖP DÖDÖDÖP, DÖP DÖDÖDÖP! 1. BUNDESLIGA WIR SIND WIEDER DA und Welle.

74: Minute: Welle.

81. Minute: Marcel Risse mit einem herrlichen Diagonalpass auf Ujah, dieser läuft genau in die Schnittstelle, der Bochumer Abwehrspieler löst das Absteits auf. Ausnahmsweise stoppt Ujah den Ball mal nicht weiter als manch einer schießen kann, nimmt diesen perfekt an und schiebt diesen an Luthe vorbei in den Kasten 3:1. ESKALATION!!!! Wieder Bierdusche. Egal. Handy nass. Scheiß drauf.

82. Minute: DÖP DÖDÖDÖP, DÖP DÖDÖDÖP! 1. BUNDESLIGA WIR SIND WIEDER DA!

88. Minute: Um mich herum feiern alle. Ich stehe versteinert in S1. Ich kenne meinen Verein. Eigentlich. Dachte ich. Ich traue mich nicht zu feiern. Ich habe noch Angst, ich habe Zweifel. Aber die Euphorie um mich herum lässt mich immer wieder ein wenig grinsen. Mein Gefühl sagt “Das Ding is durch.” Mein Kopf sagt “Oder?”. Ich will nicht feiern. Ich traue mich nicht. Ich habe Angst vor der Enttäuschung.

89. Minute: DÖP DÖDÖDÖP, DÖP DÖDÖDÖP! 1. BUNDESLIGA WIR SIND WIEDER DA!

90. Minute: Herr Winkmann hat keine Lust mehr. Er spürt es gibt hier gleich ne riesen Party. Er beendet das Treiben pünktlich. Erste Fans laufen auf den Rasen. Die Ordner grätschen diese um. Manch ein Verteidiger wäre neidisch auf so ein Tackling gewesen. Für mich ne klare Gelbe Karte. Erste Pfiffe von den Tribünen, da man ja einen Platzsturm vermeiden wollte. Egal. DÖP DÖDÖDÖP, DÖP DÖDÖDÖP! 1. BUNDESLIGA WIR SIND WIEDER DA!.

3. Halbzeit: Es werden die Tore geöffnet, alle dürfen aufs Feld. Ich überlege, weiß nicht ob ich es machen soll. Najut, wann kann man schon mal auf nem Feld stehen in so einem Stadion. Ich mach es also. Ich bin alleine. Um mich rum liegen sich Menschen mit Tränen in den Augen in den Armen. Menschen küssen den Rasen. Ich bin ruhig. In bester Franz Beckenbauer Manier gehe ich über das Feld. Ich schaue mich um. Schaue auf die Ränge. Ich muss grinsen. Ich sehe Lino. Ich gehe auf Lino zu, nehme ihn in den Arm und beglückwünsche ihn zum Aufstieg. Lino sagt was von Bier trinken demnächst. Okay, machen wir.

Ich denke an Bier, mir fällt ein wir sind aufgestiegen. Bier kostet jetzt die Hälfte. Immer mehr gehen auf den Rasen. Ich verlasse ihn. Ich gehe zur Bierbude. Kein Mensch da, ich bin alleine. Ich genieße die Stimmung. Ich grinse.

Es war schön.

Danke.  Blz9ZT8IcAAQ43U.jpg large

 

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