11 Tage müssen es sein

Die Zweite Liga hat viele unschöne Seiten. Allein die Tatsache, per se 18 Mannschaften über sich zu haben, die als besser eingestuft werden, lassen das Fanherz Trauer tragen. Und auch wenn sich die gesichtslosen Langweilerclubs in der 1. Liga nach und nach häufen, an Aalen und Sandhausen reichen Wolfsburg und Augsburg vom Thrill-Faktor eben doch noch nicht ganz heran.

Das unangenehmste für den Fan jedoch sind die Anstoßzeiten. Erst recht wenn er nicht Schüler, Student, Rentner oder Arbeitsloser ist. Und selbst für diese Gruppen machen Spielansetzungen um Viertel nach Acht an einem Montag in Orten mehrere hundert Kilometer entfernt den Besuch des Stadions häufig unmöglich.

Dank der Englischen Woche kam es überdies nun auch noch zu der Tatsache, dass der glorreiche 1. FC Köln innerhalb von 11 Tagen vier Spiele zu absolvieren hatte. Verhältnisse die man so sonst nur vom Eishockey oder der NBA kennt. Dennoch schaffte es die #SektionTwitter bei den vier Spielen anwesend zu sein. Allen Umständen zum Trotz.

 

Montagabend St. Pauli:

Es gibt scheinbar Spiele, bei denen plötzlich alle da sind. St. Pauli war so eines. Trifft man ansonsten bei Heimspielen mal das ein oder andere bekannte Gesicht, sollten an diesem Tag so ziemlich alle Personen mit denen ich im Zusammenhang des FC zu tun habe im Stadion sein. Nach dem üblichen Marsch entlang der Aachener Straße, mit Wegbier und frischer Luft statt dichtem KVB-Gedrängel, schaute man kurz im Gasthaus Kuckuck vorbei um die Zaunfahne der #SektionTwitter abzuholen. Hatte sie noch vor kurzem das erleben dürfen, was uns FC Fans bis auf weiteres versagt bleibt, nämlich europäischen Fußball beim Supercup in Monaco, war es nun an mir die Fahne in der Alten Försterei aufzuhängen. Doch dazu später.

Nach einigen Kölsch an der Gaffelbud Süd-Ost (gottseidank hat sich bis zur Kölner Einsatzleitung das feindschaftliche Verhältnis der jeweiligen Ultraszenen noch nicht herum gesprochen, so dass es tatsächlich Bier mit Alkohol gab) und einer kurzen Fotosession mit der Zaunfahne ging es gemeinschaftlich in den Unterrang der Südtribüne. Die Unterstützung der Mannschaft seitens der FC Fans war laut wie lange nicht mehr. Hätte man nicht die Tabelle im Hinterkopf gehabt, hätte man davon ausgehen können, hier den Tabellenführer bei einem weiteren Sieg zu beobachten.

Die Realität sah leider anders aus. Trotz einer erneut guten und bemühten Leistung reichte es zu nicht mehr, als einer torlosen Punkteteilung mit den Hamburgern.

Freitagabend Union Berlin:

Der Freitag begann früh. Um kurz vor Vier klingelte der Wecker. Schließlich sollte um 5:10 Uhr der Zug gen Hauptstadt geentert werden. Die schon am Vorabend vorbereitete Kaffeemaschine sorgte für die Erstversorgung mit Kaffee, die kurze Dusche für die nötige Frische, um nicht bereits im Taxi zum Kölner Hauptbahnhof wieder einzuschlafen.

Als Intercity Firm getarnt ging es, die #SektionTwitter Zaunfahne im Gepäck, über Hannover, inklusive ausgewogenem Frühstück bei Burger King, nach Berlin. Im wunderschönen Moabit angekommen, blieb nur wenig Zeit die Sachen in der Unterkunft fürs Wochenende abzulegen, kurz ein erstes Bier in der WG-Küche zu trinken und dann bald schon wieder zum Lehrter Bahnhof aufzubrechen, wo weitere Mitglieder der #SektionTwitter mit weiterem Bier warteten.

Doch anstatt nun gemeinsam weiter Richtung Stadion zu ziehen trennten sich die Wege vorerst. Während ein Teil noch zum Hotel musste um dort Gepäck abzugeben, ging es für unsere Hälfte weiter zur Sektion Westpolen, welche in Treptow ihre abendliche Geburtstagsparty vorbereitete. Von dort aus ging es aber dann tatsächlich weiter Richtung Köpenick. Und wir bekamen einen ersten Vorgeschmack von den seltsamen Sicherheitsmaßnahmen der Berliner Polizei. So durften wir an einem S-Bahn Kiosk, eine knappe halbe Stunde vom Stadion entfernt, keine Glasflaschen kaufen, sondern mussten auf Dosenbier zurück greifen. Immerhin gab es dieses gekühlt, günstig und in FC Farben.

Im Stadion selber angekommen fielen die Kontrollen sehr unterschiedlich aus. Während sich einzelne Personen nicht sicher waren, ob sie dem Ordner nach der Leibesvisitation nicht noch ein Trinkgeld hätten zustecken müssen, wurden andere sehr oberflächlich abgetastet.

Auch für die Zaunfahne konnte noch ein Platz gefunden werden. Kein schöner oder einer, an dem die Fahne tatsächlich zu sehen gewesen wäre, aber man nimmt halt, was man kriegen kann. Das Spiel begann sehr gut und sogar mit einem Tor des glorreichen 1. FC Köln. Leider folgten noch zwei weitere von Union Berlin und wenig Gegenwehr seitens des FC. Somit stand eine weitere Niederlage zu Buche. Dennoch und trotz erstmalig schlechter Leistung, wurde die Mannschaft nach dem Schlusspfiff durch Sprechchöre angefeuert und nicht ein Pfiff oder Unmutsbekundung waren zu vernehmen.

Auf dem anschließenden Weg zur Party der Sektion Westpolen wurde man dann Zeuge weiterer seltsamer Polizeimaßnahmen. So wurden FC Fans immer nur in kleinen Gruppen durch eine Absperrung gelassen, konnten sich dahinter allerdings erneut zusammenschließen. Einen wirklichen Sinn, außer Menschen in wartenden Massen aggressiv werden zu lassen, gab es nicht.

Die Party war dann überaus gelungen. Mit deutlich besserer Bierversorgung als im Vorjahr, mit einer ordentliche Live-Coverband und dem schönen Gefühl mitten in Berlin mit zahlreichen FC-Fans zu feiern. Sorgen um unsere Sicherheit mussten wir uns natürlich nicht machen, schließlich bewachten gleich mehrere Polizeibusse die vollkommen harmlos verlaufende Party.

Dienstagabend FSV Frankfurt

Kaum war man aus der Hauptstadt zurück und hatte sich halbwegs erholt, ging es auch schon wieder Richtung Müngersdorfer Stadion. Zu einer Uhrzeit, die letztlich einer Ohrfeige für jeden FC-Fan darstellt, der irgendwo angestellt ist. Ein Anpfiff um halb 6 bedeutet im optimalsten aller Fälle, dass sich die arbeitende Person um 5 Uhr auf den Weg macht. Aber dafür darf man auch schon nicht mehr in Stadtteilen arbeiten, die nicht auf direktem Wege an das Stadion angebunden sind.

In der Straßenbahn konnte man sogar die Hälfte des Frankfurter Anhangs ausfindig machen. Also ca. 12 Leute. Die durchaus interessante Frage, wer in der hessischen Landeshauptstadt lieber zum FSV als zur Eintracht geht, konnte so zumindest zum Teil beantwortet werden.

Kutten die vermutlich 5 km Luftlinie vom Bornheimer Hang geboren wurden, ihre Kinder und Hipster die lieber den kleinen Club unterstützen und darauf hoffen, dass dem FSV Frankfurt gelingt was bisher nur St. Pauli vergönnt war: als Marke Erfolg zu haben.

Die Stimmung war jedoch trotz aller Umstände gut. Und selbst die rund 25 Frankfurter konnten sich einmal bemerkbar machen. Das Spiel war kein sonderlich gutes, bot für den FC Fan aber Highlights der ungewohnten Sorte. Tore.

Nachdem in der ersten Halbzeit mal wieder beste Chancen liegen gelassen wurden und man sich schon den Tränen nahe wähnte, schaffte es der 1. FC Köln in der zweiten Hälfte tatsächlich zum Torerfolg zu kommen. Aus dem Spiel heraus.

Folgerichtig konnte das Spiel gewonnen werden, ebenfalls ein nahezu ungekanntes Gefühl. Und natürlich hatte jeder im Stadion bis kurz vorm Abpfiff noch fest mit dem Ausgleich durch einen Sonntagsschuss von Frankfurt gerechnet. Schön, wenn der FC Erwartungen auch mal enttäuscht.

Freitagabend in Paderborn

Paderborn mag nicht viele Vorzüge gegenüber Berlin haben. Einer ist jedoch, dass es deutlich näher an Köln liegt. So musst der Zug nicht in den frühen Morgenstunden genommen werden, sondern erst am frühen Nachmittag. Dank Sonderzug und alternativen Route der aktiven Fanszene konnte man im RE7 Richtung Hamm in aller Ruhe das erste Bier genießen. Dass es neben der Ruhe auch andere Vorteile hatte abseits des Mobs zu reisen erfuhren wir in Hamm, als klar war, dass der RE1 Richtung Paderborn bereits über 20 Minuten Verspätung hatte. Mit neuem Bier eingedeckt ging es in die Regionalbahn Richtung Paderborn.

Dort fand man sich in der Situation wieder, die nur bedingt geeignet ist für auswärtsfahrende Fußballfans. Mitten im Gang stehend war links von uns eine Familie mit kleinen Kindern, rechts eine Gruppe Nonnen.

In Paderborn selber konnte durch eine geschickte Tarnung (geschlossene Jacken über dem FC-Schal) die Polizeikette umgangen werden. So schaffte man es auch deutlich vor dem Großteil der FC-Fans am Paderborner Stadion zu sein. Das bietet zwar nun nicht mehr eine Hochspannungsleitung direkt über dem Spielfeld, dafür den Charme einer Pferdedressurarena. Doch wider Erwarten fand nicht das CHIO Paderborn, sondern ein Fußballspiel statt.

Da sich auch diese sogenannten Fans angekündigt hatten und wohl eine neue Stufe der Eskalation erwartet wurde, gab es ausschließlich Alkoholfreies im Stadion.

Während des Spiels entwickelte sich eine der lautesten und besten Stimmung seit sehr langer Zeit. Das Spiel tat das Restliche dazu. Spielerisch überlegen konnte Paderborn, trotz zwischenzeitlichem Ausgleich, besiegt werden. Uhja und AC7 sorgten mit ihren Treffern für den wohlverdienten Sieg.

Nachdem vor allem erstgenannter nach dem Spiel ausgiebig gefeiert worden war ging es mit dem Bus zurück zum Paderborner HBF, und dort mit dem ersten Sprint des Abends zur abfahrbereiten Regionalbahn nach Hamm. Dort angekommen folgte der zweite Sprint des Abends zum örtlichen ihrPlatz um innerhalb von wenigen Minuten den Biervorrat aufzufüllen und zurück zum abfahrbereiten RE1 zu rennen.

Vollkommen entspannt ging es anschließend mit Bier durchs Ruhrgebiet zurück in die Domstadt. Erstaunlich war einzig, wieviele Menschen tatsächlich Rat bei halbnackten, angetrunkenen Fußballfans suchen und ihn auch noch beherzigen. Wir sind halt kompetent in allen Lebenslagen.

Leider hatten die FC-Fans, welche mit dem offiziellen Sonderzug zurück fuhren, weniger Glück als wir.

Weshalb man diesen nicht in Ehrenfeld oder Mülheim enden ließ, sondern an dem einzigen Bahnhof in Köln, in dem an diesem Abend Düsseldorfer Fans unterwegs waren, bleibt wohl ein weiteres Geheimnis. Dass man als Bundespolizei mit aller Gewalt den Konsum von Marihuana in solchen Zügen unterbindet ist allerdings nachvollziehbar. Schließlich weiß man, wie aggressiv diese Form des Rausches macht. Alles also im Dienste der Gefahrenabwehr. Chapeau Kölner Polizei!

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